Warum in der Hütte Duschen und Handy laden Luxus sind

Damma
22.06.2018 • evelynewandert

Warum in der Hütte Duschen und Handy laden Luxus sind

Dass es auf 3000 Metern eine Dusche gibt, ist eigentlich nicht normal. Ich brauche das nicht; ich werde auch mit Katzenwäsche sauber und zumutbar. Trotzdem kann ich nachvollziehen, dass eine Dusche nach einer strapaziösen Hochtour ein ähnliches Glücksgefühl bescheren mag wie das Bezwingen des Gipfels selber. Aber oberhalb der Baumgrenze suche ich bewusst die Einfachheit und begnüge mich gerne mit wenig. Hier, wo nahezu alles hinauf transportiert werden muss, ist Enthaltsamkeit gefragt.

Allerdings stelle ich seit Langem fest, dass sich der Standard in vielen Hütten weg vom Einfachen hin zum fast Luxuriösen gewandelt hat. Auch die Klientel ist eine andere geworden, wobei Standard und Klientel in Wechselwirkung stehen. Bequemlichkeit im Alpinismus: Die einen freuts, den andern missfällts. Die Versorgung der Hütten wird dadurch jedenfalls nicht weniger herausfordernd.

Bei meinem Einsatz als Hüttengehilfin habe ich eine Vorstellung davon erhalten, wie anspruchsvoll es ist, in den Bergen Gastgeber zu sein. Wenn (Trink-)Wasser keine Selbstverständlichkeit ist. Das Brot selber gebacken oder für vier Tage gelagert muss. Strom nicht einfach unbegrenzt aus der Steckdose fliesst. Ich habe mir hierzu ein paar Gedanken gemacht.

Warentransport: Die wenigsten Hütten kommen ohne Helikopterflüge aus. Auch aus Kostengründen werden sie jedoch auf ein notwendiges Minimum reduziert. Manchmal steht eine hauseigene Transportbahn zur Verfügung, selten ein Maultier, so zum Beispiel im Berghotel Obersteinberg. Wer einen Beitrag zum Umweltschutz leisten will, trinkt keine Softdrinks und Bier, sondern Hüttentee.

Wasser: Idealer- und leider ausnahmsweise stammt das Wasser von sauberen Quellen. Meist aber kommt es aus Bächen, als Schmelzwasser vom Gletscher oder selten als Regenwasser vom Dach – und manchmal wird es zusätzlich über Monate in Zisternen gelagert. Meistens ist es per se nicht trinkbar, sondern muss abgekocht oder anderweitig aufbereitet werden, zum Beispiel mit einer UV-Entkeimungsanlage. Sind die Temperaturen um den Gefrierpunkt, müssen Wasserleitungen zudem zuerst vorgewärmt werden. Diese Fakten helfen vielleicht beim Entscheid, ob nun geduscht oder bloss gewaschen werden soll.

Strom: Dieser wird über Wasserturbinen, Solaranlagen und benzinbetriebene Generatoren erzeugt und ist ein kostbares Gut. Einige wenige Hütten profitieren von nahegelegenen Kraftwerken und müssen den Strom deshalb nicht selber erzeugen. Schon mehrfach durfte ich dem hektischen Treiben zuschauen, wenn Wanderer in der Hütte angekommen panisch nach einer Steckdose zum Aufladen des Handys Ausschau hielten – und keine fanden. Ein schönes Beispiel: In der Jenatschhütte ist Handy laden möglich, aber nur im Tausch gegen eine halbe Stunde Küchendienst oder für zehn Franken, die in das Energieprojekt der Hütte fliessen.

Kochen: Kochherde und Backöfen werden meist mit Gas oder Holz betrieben. Beides fällt nicht einfach vom Himmel, sondern muss ebenfalls zur Hütte transportiert werden. Genau wie sämtliche Lebensmittel, die noch dazu nicht in begehbaren Kühlschränken lagern. Angesichts dessen erstaunt es noch viel mehr, was einem die Hüttenwarte immer wieder an fantastischen Speisen kredenzen.

Heizung: Maximal Küche und Gaststube werden beheizt, nicht aber die Schlafsäle. In kühlen Räumen schläft es sich ohnehin viel besser. Gfrörlis rate ich dringend zum Mehrschichtenprinzip und Griff zur Wolldecke…

Internet und WLAN: auch so eine Sache… Ich oute mich als Smartphone-Verweigerin und finde deshalb WLAN für Gäste nicht notwendig. Internet: OK, das ist ja heute nahezu unverzichtbar. Für die Hüttenwarte ist es vor allem ein nützliches Hilfsmittel, sei es für Reservationen oder aktuelle Wetter- und Lawineninfos. Aber sonst… digital detox belebt Körper und Geist!

Hüttenwanderin

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