Schmetterlinge im Bauch

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08.07.2021 • gipfelstürmerin

Schmetterlinge im Bauch

In Zeiten wie diesen ist es doch immer wieder erstaunlich, welche Gefühle und Emotionen wir erfahren dürfen und vielleicht auch welche Grenzerfahrungen wir machen müssen. Umso schöner ist es, wenn wir diesen Erfahrungen Schmetterlingsflügel verleihen können und daraus eine ganz eigene Geschichte entsteht.

In ein paar Wochen schreibt unsere nächste Generation ihre eigene Geschichte, denn ich trage meinen Schmetterling seit November letzten Jahres in meinem Bauch und freue mich sehr, wenn er schon bald sein Zuhause verlässt und mit schwingenden Flügeln die Welt erkunden wird.

Und wie vielfältig, wunderschön und atemberaubend diese Welt sein kann, erfuhr ich im Jahr 2017 auf einer Wanderung im Binntal, die mir jetzt noch ein Kribbeln und ein Gefühl der Glückseligkeit verleiht, wenn ich an sie zurückdenke.

Unsere Schmetterlingswanderung

Die Sonne begrüsste uns an diesem Tag mit einem unglaublichen Strahlen, und so fiel das frühe Aufstehen um einiges leichter. Vom beschaulichen Dorf Ernen, wo wir in dieser Zeit unsere Sommerferien verbrachten, ging es durch den „Ärnerwaud“ weiter Richtung „Uf en Egga“. Mein Mann ging im Stechschritt voraus, keine Ahnung, wie er sich schon am frühen Morgen dermassen energiegeladen vorwärtsbewegen konnte, wo es doch ziemlich steil hinauf ging. Aber wie wir ja schon wissen, ist er die treibende Kraft, die mich immer wieder dazu bringt, über mich selbst hinaus zu wachsen (und schon sind sie im Bauch, die ersten Schmetterlinge).

Die Sicht an diesem Tag war glasklar und auch wenn wir uns so hinaufkämpften bis zum ersten kurzen Rastplatz bei einem kleinen Stausee, mussten wir kurz innehalten und die Aussicht ins Tal gegen Brig geniessen, denn diese war schlicht grandios.

Die Strecke von Ernen bis zu „Uf en Egga“ legten wir an diesem Tag nicht zum ersten Mal zurück, jedoch hatten wir uns im Voraus bewusst dazu entschieden, die Route noch zu erweitern und uns das Eggerhorn zum Ziel zu setzen. Das hiess für uns, dass wir zum Zeitpunkt des ersten Rastes noch nicht mal in der Hälfte der gesamten Route waren. Wie wir aber wissen, ist der Weg das Ziel, also immer schön den Fokus auf das legen, was man sich als Ziel gesetzt hat.

So ging es also nach einem kurzen Rast weiter von „Uf en Egga“ Richtung „Frid“ und von dort aus „immer dr Nase nah“ dem Eggerhorn zu. Umgeben von den schönsten Alpenrosen und „Heitis“, näherten wir uns Schritt für Schritt dem Aufstieg. „Mir dörfä nid vergässä, Fotos z’machä“, haben wir uns immer wieder gesagt, denn bei all den mentalen Auseinandersetzungen auf unseren Wanderungen darf eines nicht vergessen gehen: Kurz innehalten, die Umgebung geniessen und mit Fotos festhalten.

Nach einigen vergossenen Tropfen Schweiss und schon etwas brennenden Oberschenkeln hatten wir ihn endlich erreicht: den Gipfel des Eggerhorns. Dieses Gefühl von Stolz und Überwältigung, was man alles schaffen kann, wenn man das Ziel nicht aus den Augen lässt, stellt die ganzen Kämpfe, die man mit sich selbst geführt hat, in den Schatten.

Nach einer wohlverdienten Mittagspause machten wir uns wieder auf die Socken, denn das wissen wir alle, ein Gipfel hat immer einen Auf- und einen Abstieg.

Das „Rappetal“ ist ein Bijoux und kann es locker mit anderen, bekannteren Tälern aufnehmen, denn dieses Tal ist ein Gesamtpaket aus unberührter Natur, felsigem Abgrund und romantischer Stille. Der Abstieg vom Eggerhorn war also mindestens genauso spektakulär wie der Aufstieg.

Von „Z’Mübach“ ging es dann weiter Richtung „Abeweid“ und „Niederärner Chäller“. Diese Strecke war das Highlight dieser Wanderung, denn unterwegs tummelten sich in kleinen Pfützen zahlreiche Schmetterlinge in allen möglichen Farben. Ganz behutsam und vorsichtig schritten wir durch diese Pfützen, um ja keinen einzigen Schmetterling unter unseren Sohlen begraben zu müssen. Da wurde selbst mein für den Stechschritt bekannter Mann ganz langsam und mahnte mich immer wieder zur Vorsicht. Es versteht sich von selbst, dass wir aufgrund dieser Gegebenheiten etwas Zeit verloren hatten, was aber keineswegs schlimm war, denn wir konnten uns einfach mal treiben lassen von der schönen Leichtigkeit der Schmetterlinge.

Schon fast etwas traurig, dass wir dieses schöne „Rappetal“ verlassen mussten, bewegten wir uns dann langsam, wohl immer noch beflügelt von den Schmetterlingen durch den „Ärnerwaud“ wieder nach Ernen zurück.

Jedes Mal, wenn wir nun auf das Eggerhorn blicken, schweben wir wieder in wundervoller Erinnerung an diese durch die Begegnungen mit den Schmetterlingen atemberaubend schöne Wanderung. Es muss nicht immer nur „z’bissä und chnorzä“ in Erinnerung bleiben. Es darf durchaus auch mal ein Gefühl von Schmetterlingen im Bauch zurück bleiben.

Gipfelstürmerin

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