Nostalgie im UNESCO Welterbe Jungfrau Aletsch

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19.03.2018 • evelynewandert

Nostalgie im UNESCO Welterbe Jungfrau Aletsch

«Kerzenlicht und Petroleumlampen, bürgerliche Küche, eine eigene Alpkäserei, Maultiertransporte für Lebensmittel und Getränke – das ist das Berggasthaus Obersteinberg!» So preist sich das «Kerzenhotel» auf seiner Website selber an. Meine persönliche Beurteilung nehme ich anhand der Zauggschen Fünf vor.

Das Wetter meint es nicht gut, als ich im letzten Sommer zusammen mit Eltern und Zwillingsbruder in Gimmelwald die Schilthornbahn verlasse und zum Kerzenhotel Obersteinberg aufbreche. Hier, zuhinterst im Lauterbrunnental, stauen sich die Regenwolken so richtig am Hochgebirge und werden ausgepresst wie eine Zitrone. Etwa gleich sauer ist Frau Mama, dass sie jetzt im Dauerregen zum Berggasthaus hochwandern darf. Da der Wetterbericht aber im Tagesverlauf Besserung und für den kommenden Tag ein Zwischenhoch verspricht, haben wir uns im gegenseitigen Einvernehmen für die Durchführung der Tour entschieden. Und die Meteorologen sollten Recht behalten: unerwartet rasch verziehen sich während dem Abendessen die Wolken und bieten uns ein Naturschauspiel der Sonderklasse. Der nächste Tag könnte dann schöner nicht sein: «WWW» – «WunderWanderWetter».

Das Berggasthaus Obersteinberg ist wie sein Bruder auf dem Faulhorn ein Relikt aus alten Zeiten und bietet Luxus der speziellen Art: kein fliessendes Wasser, keinen Strom, stattdessen aber jede Menge Romantik und Nostalgie. Beste Voraussetzungen also, um der Hektik des Alltags zu entfliehen und die Ruhe der atemberaubenden Bergwelt auf sich wirken zu lassen. Hier soll bereits Johann Wolfgang von Goethe eingekehrt sein und sich vom Staubbachfall zum Gedicht «Gesang der Geister über den Wassern» inspiriert haben lassen.

 

Zustieg: empfohlen ist eine zweitägige Rundwanderung auf gut ausgebauten Bergwanderwegen. Am ersten Tag erfolgt der Zustieg ab Gimmelwald – Sefinental – Busenbrand, Gehzeit 3h 10Min, 800 m Aufstieg. Der Abstecher aufs Tanzbödeli ist sehr lohnend, da sich von dort eine atemberaubende Kulisse bietet; zusätzlicher Zeitbedarf ca. 45 min. Kürzester Zustieg ab Stechelberg, ca. 2h.
Am zweiten Tag Aufstieg zum schön gelegenen Oberhornsee (1h) und von dort Abstieg via Schafläger – Understeinberg – Wilde Egg – Schürboden – Trachsellauenen  zurück nach Stechelberg, Dauer 4h 15min. Kurze Variante: direkter Abstieg ab Obersteinberg via Wilde Egg – Schürboden – Trachsellauenen – Stechelberg, Gehzeit 2h 15min.

Augen: umwerfend schön ist das ganze Gebiet des Hinteren Lauterbrunnentals, das seit 1960 unter Naturschutz steht und im UNESCO-Weltnaturerbe Jungfrau-Aletsch liegt.

Schmadribachfall, Oberhornsee, Abendrot am Hochgebirge, Gletscher, weisse Leintücher an der Wäscheleine – die Liste der Objekte für unbegrenzten Augenschmaus ist lang.

Uebernachten: Ausnahmsweise leisten wir uns zwei Zweierzimmer statt wie sonst in den Bergen üblich das Massenlager. Die heimeligen Zimmer (15 an der Zahl) bieten keinen Komfort, dafür Waschschüssel und Kerzenlicht wie anno dazumal. Ungestörter Schlafgenuss ist damit vorprogrammiert.

Gaumenfreuden: Bei unserem Besuch werden wir mit hausgemachter Gerstensuppe, butterzartem Braten, goldbrauner Knusperrösti, knackfrischem grünen Salat und zuckersüssem Beerenkuchen verwöhnt. Ein wahres Festessen! Auch das Zmorge mit Käse aus der eigenen Alpkäserei lässt keine Wünsche offen.

Gemüt: Schon die Landschaftsmaler des 19. Jh. erkannten die Erhabenheit des Hinteren Lauterbrunnentals. Es wurde zum Inbegriff der Alpenromantik und entsprechend oft gemalt. «Wer sich entschliesst zu übernachten, wird sich in die nostalgische Gemütlichkeit verlieben», heisst es auf einer Tafel am Themenweg zum Obersteinberg. Und das ist nicht übertrieben. Das abendliche Kerzenlicht verzaubert einen regelrecht, und wenn noch dazu das Alpenglüh’n durch die Sprossenfenster scheint, ist es definitiv um einen geschehen.

Geöffnet ist das Berggasthaus Obersteinberg von Anfang Juni bis Ende September. Für Besuche am Wochenende müssen die Zimmer unbedingt frühzeitig (ab März) reserviert werden! Website

Kompletter Wandervorschlag zum Downloaden (Suchnummer 1028 eingeben)

 

Hüttenwanderin

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