Katastrophen am Berg Teil I

Img_20210216_115921_resized_20210219_043058948
20.02.2021 • evelynewandert

Katastrophen am Berg Teil I

Vor drei Wochen fuhr ich bei garstigstem Wetter einmal mehr auf die Kleine Scheidegg. So am Fusse der Eigernordwand stehend, denke ich dabei jedes Mal unweigerlich an die vielen Katastrophen, die sich an diesem markanten Berg in den letzten Jahrzehnten abgespielt haben.

Img_20210219_162910_resized_20210219_043017005

Anderl Hinterstoisser und Toni Kurz 1936. Quelle: Katastrophen am Berg, Bruckmann Verlag

Das wohl grösste und für mich einprägsamste Drama spielte sich beim Durchsteigungsversuch im Jahr 1936 ab. Damals haben sich die beiden Seilschaften Anderl Hinterstoisser / Toni Kurz und Willy Angerer / Edi Rainer spontan zusammengeschlossen und es zu viert versucht. Noch nie ist es vorher einer Seilschaft gelungen, den Gipfel via Nordwand zu erklimmen und lebend aus ihr zurückzukehren. Auch ihnen blieb dieser Erfolg verwehrt. Nach qualvollen Tagen unter widrigsten Bedingungen fanden sie allesamt den Tod, abgestürzt, erdrückt, erfroren und an Erschöpfung gestorben. Toni Kurz war der letzte Überlebende, und beinahe wäre wenigstens seine Rettung geglückt. Ein zu dicker Verbindungsknoten im Seil und der dafür zu kleine Karabiner wurden ihm schliesslich im Angesicht seiner Retter zum Verhängnis.

Heute gelingt es Spitzenalpinisten, die Nordwand bei optimalen Bedingungen in wenigen Stunden zu durchsteigen. Der Rekord liegt bei 2 Stunden und 22 Minuten – die Erstbesteiger haben dafür im Jahr 1938 noch drei Tage benötigt. Was mich ebenfalls beeindruckt: Ein Arbeitskollege hat den Eiger über die Westflanke mit den Skis bezwungen…

Img_20210219_164303

Die Eigernordwand – Schauplatz unzähliger Tragödien

Mit meinen bescheidenen alpinistischen Fähigkeiten werde ich weder Rekordleistungen vollbringen noch in felsiger Umgebung dem Tod in die Augen blicken müssen – hoffe ich zumindest. Katastrophen können aber dennoch jeden ereilen. Schon zweimal hatte ich ein Riesenglück, als mich ein Steinschlag nur ganz knapp verfehlt hat. Es reicht mitunter, dass eine Gämse weiter oben ein bisschen Gestein lostritt. Kleinere Katastrophen und grössere Missgeschicke am Berg wird jeder schon mal erlebt haben. So hat mein Mann auf einer sechsstündigen Bergwanderung unterwegs eine Schuhsohle verloren. Unvergessen auch sein Pech, als die Naht der Wanderhose beim Bücken an der dümmsten Stelle riss. Meine persönliche Mini-Katastrophe: wenn ich jeweils frühmorgens nicht die Erste auf dem Sigriswiler Rothorn bin und mir ein anderer schon das Wild weggescheucht hat… Und von der wirklich grössten Katastrophe, die mir am Berg je widerfahren ist, berichte ich das nächste Mal.

Literaturtipps:
• Katastrophen am Berg – Tragödien der Alpingeschichte, Bruckmann Verlag, ISBN 978-3-7654-4862-1
• Eiger – Triumphe und Tragödien 1932-1938, AS Verlag, ISBN978-3-909111-49-7

Hüttenwanderin

Mehr Infos

Kommentare

Noch keine Kommentare

Artikel wurde dem Warenkorb hinzugefügt.