Who let the sheep out?!

Img_2535
05.10.2020 • veraalpina

Who let the sheep out?!

Herdenschutzhunde: weisse Wolken, die den Schafen, die sie hüten, zum Verwechseln ähnlich sehen, sie aber auf Gedeih und Verderb beschützen, vor Wolf, Bär und… Wandernden.

Berufeshalber habe ich schon einiges über diese Tiere geschrieben. Dass solche Hunde Tag und Nacht alleine bei ihrer Herde bleiben und ihre Aufgabe pflichtbewusst und mit viel Motivation, aber ohne ständige Instruktion erfüllen, finde ich total faszinierend. Einen Herdenschutzhund leibhaftig zu sehen, blieb mir bisher allerdings verwehrt, bis mir am Tag X eine Einladung zur „Exkursion sichere Begegnung mit Herdenschutzhunden“ ins Postfach flatterte.

Das Schweigen des Herdenschutzhundes

Nach einer gefühlten Stunde Gewitter beehrte uns die Sonne mit ihrer zaghaften Anwesenheit. Steil ging es hoch auf den Schafarnisch FR/BE, wo wir nicht nur auf 2000 (ja, zweitausend) Schafe sondern auch auf die 2 (ja, nur 2) Herdenschutzhunde treffen sollten. Es gibt zwei Rassen, die in der Schweiz anerkannt sind und eingesetzt werden: der italienische Maremmen-Abruzzen-Schäferhund und der französische Montagne-des-Pyrénées. Sie sehen beide etwa gleich aus: weiss und imposant.

Erst passierte aber mal nada. Vereinzelte Schafe blökten in den Matten und mähten die Wiesen, aber von einem Hund war nichts zu sehen. Kein Gebell, kein Geknurr. Dabei hatte Exkursionsleiter Ueli Pfister von Herdenschutzhunde Schweiz schon auf dem ganzen Hinweg mit seinen Geschichten die Spannung ins Unermessliche steigen lassen. Nun als wir da so den Berg hochkeuchten und extra laut sprachen, um auf uns aufmerksam zu machen, hörten wir plötzlich einige hündische Laute.

Img_2526

Immerhin war die Aussicht zu jeder Zeit hinreissend. Wer sieht den Herdenschutzhund? ;D

Und da kam sie über die Kuppe gerannt, wie ein weisser Blitz, bellend: die eine Hündin der zwei Maremmen auf dieser Alp. Wohlbedacht auf die Sicherheit ihrer Schäfchen blieb sie einige Meter von uns entfernt stehen, begutachtete uns misstrauisch und bellte uns an. Endlich, ein Herdenschutzhund, wie er leibt und lebt (und arbeitet)! Mein Verdacht, dass ich vor lauter Ehrfurcht ganz still werden würde, bestätigte sich in dem Moment. Ich glaube, den anderen in der Gruppe ging es gleich (obwohl ich nicht sicher bin, ob es auch Ehrfurcht oder eher Respekt war, der uns schlussendlich alle zum Schweigen brachte). Das ist eine gute Sache, denn das ist genau das, was man tun sollte, wenn man einem solchen Hund begegnet.

Wir verhielten uns also ganz nonchalant und beachteten die Hündin kaum, schauten sie nur aus den Augenwinkeln an, wenn überhaupt. Sie näherte sich, Meter um Meter. Ihr anfängliches Misstrauen wich einer zögerlichen Neugier. Ich spürte, wie sie mit sich rang, näher zu kommen und sich diese Gruppe Wandervögel genauer anzusehen, oder doch lieber etwas auf Distanz zu bleiben.

Wir hockten uns mit dem Rücken zum Hund auf den Boden, um möglichst viel Druck von ihm zu nehmen und ihm zu signalisieren, dass es allein seine Entscheidung ist, zu kommen, zu bleiben oder zu gehen.

Und so entschied sich die Hündin, nach einigen Schritten in unsere Richtung, dass wir so gefährlich nun nicht sein konnten und zog sich zurück.

Als Hundefreundin fand ich dies natürlich sehr schade. Als Wanderin freute ich mich über den „Herdenschutzhund approved“-Stempel, so dass wir unseren Weg fortsetzen konnten. Als Vera war ich einfach nur gerührt von diesem Wesen, das sein Revier, seine Schützlinge und seine Aufgabe dort oben völlig im Griff zu haben scheint.

FAQ zu den Herdenschutzhunden

Werden mich die Hunde beissen?

Wenn du dich nicht komplett dumm verhältst, wahrscheinlich nicht.

Wie verhalte ich mich komplett dumm?

Gehe einfach weiter, am besten durch die Herde, und versuche auch gleich, alle herzigen Lämmer zu streicheln. Wenn sich der Herdenschutzhund nähert, schrei ihn an und verhalte dich möglichst aggressiv. Fuchtel mit deinen Wanderstöcken rum, um ihm Angst einzujagen und zeig ihm, wer der Boss ist! Du bist schliesslich zum Wandern hier und willst gefälligst jetzt sofort durchgehen.

Der Herdenschutzhund so:

Tumblr_nhinkmlrdh1re0th9o6_500

Du weisst doch noch, wer hier gewonnen hat?

Wie verhalte ich mich also nicht komplett dumm?

Es kommt auf die Situation an. Versetz dich etwas in die Lage des Hundes, der nur hier ist, um seinen Job zu machen. Sein Job ist: alles Fremde (inkl. Wanderinnen und Wanderer) zu evaluieren und wenn das Fremde eine Gefahr für seine Herde darstellt, zu vertreiben.

Img_2535

Wenn der Hund auf diese Distanz schon bellt, bleib einfach, wo du bist.

Es ist eigentlich nicht so schwierig. Bellt der Hund, bist du zu nahe an seiner Herde. Bleib stehen. Hört er nicht auf zu bellen, bist du immer noch zu nahe an der Herde, oder du erzeugst mit deiner Präsenz zu viel Druck. Und was löst Druck aus? Gegendruck seitens des Hundes. Lass halt Luft raus und ziehe dich ein bisschen zurück, bis der Hund sich beruhigt hat. Und wenn der Hund findet, dass du keine Gefahr für die Herde bist, dann wird er aufhören zu bellen und dich passieren lassen. Aber bitte gib ihm genügend Zeit, dies zu evaluieren. Nimms locker, signalisiere Ruhe und lass ihn einfach schauen. Du kannst dich auch von ihm abwenden, dies vermittelt dem Hund Peace & Love und alles ist OK. Rede ruhig mit deinem/r Wanderpartner/in, atme ein paar Mal tief durch. Du hast Zeit.

Wenn du keine Zeit mehr hast und der Hund noch bellt, dann musst du halt umkehren. Du bist schliesslich in seinem Revier.

Uff, ich habe doch keinen Bock auf sowas. Da gehe ich lieber woanders auf dem 65 000 km langen Wanderwegnetz wandern. Wo kann ich denn durch, ohne dass ich auf diese Hunde treffe?

Gute Idee. Hier hat es eine Karte, die regelmässig aktualisiert wird. (Wenn keine Schafe auf den Alpen sind, dann sind die Hunde im Fall auch nicht dort).

https://s.geo.admin.ch/8c249247c6

Wo kann ich sonst mehr erfahren?

Vera Alpina

Mehr Infos

Kommentare

Noch keine Kommentare

Artikel wurde dem Warenkorb hinzugefügt.